Mordseekrabben by Koch Krischan

Autor:Koch, Krischan [Koch, Krischan]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
ISBN: 9783423215152
Herausgeber: Deutscher Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2014-06-01T22:00:00+00:00

20

»All hands on deck, we’ve run afloat! I heard the captain cry …«

Die Soundfetzen wehen über den Strand. Bounty gibt sich alle Mühe, den Sound von »Procul Harum« zu treffen. Der Althippie aus Fredenbüll ist mit Teilen seiner Band »Stormy Weather« angereist. Das von seinem alten Bekannten Nils Gerckens spontan angesetzte Solidaritätskonzert für die Löffelente findet an der Wandelbahn über dem Strand statt. Bounty startet passenderweise mit dem maritimen »Procul Harum«-Klassiker ›A Salty Dog‹. Ganz so wie »Procul Harum« klingt er zwar nicht, aber einige Urlauber holen bereits die Feuerzeuge heraus und schwenken sie über dem Kopf. Die kleinen Gasflammen werden in dem auffrischenden Wind und den kurz, aber heftig über sie hinwegziehenden Regenschauern immer wieder ausgeblasen. Die Leute stehen dichtgedrängt auf der engen Wandelbahn und feiern, in Ölzeug, einige unter Regenschirmen oder in durchnässten Shirts und Pullovern. Der Bandname »Stormy Weather« passt zum Wetter. Aber die Stimmung ist ausgelassen.

Zum Konzert für die Löffelente war neben Gitarrist Bounty die komplette Stammbesetzung aus dem Fredenbüller Imbiss »De Hidde Kist« angereist: Postbote Klaas, Wirtin Antje samt Schäfermischling Susi, Piet Paulsen weilt ja ohnehin zur Kur auf der Insel und Thies Detlefsen auch. Nur der Schlagzeuger von »Stormy Weather« hatte die Fähre verpasst. Aber Trommler gab es auf der Insel ja derzeit genug.

»Musst nur aufpassen, dass die sich ’ne Büchs überziehen«, hatte Piet Paulsen gewarnt. Und so hatte Bandleader Bounty kurzerhand drei Schamanen mit zum Soundcheck genommen, die von der kleinen Bühne über dem Meer auch nicht wieder herunterkamen.

Die machen ihre Sache ganz ordentlich.

»Nach Stones hört sich dat aber nich mehr an«, findet Postbote Klaas. ›Jumping Jack Flash‹ klingt jetzt tatsächlich eher wie eine Meditations-CD. Einzelne Soundfetzen, Gitarrenriffs und Bassläufe werden immer wieder verzerrt von einer Sturmböe über den Platz geweht.

Nicht nur auf der Bühne, an allen Ecken des Platzes an der Wandelbahn, auf der die Urlauber sich normalerweise sonnen und Eis essen, wird fleißig getrommelt. Und die zahlreich erschienenen Schamanen sind ausgesprochen tanzfreudig. Zwei Männer, die wie ganz normale Büroangestellte im Urlaub aussehen, machen die wildesten Verrenkungen und schwenken über sich bunte Fahnen. Die Detlefsen-Zwillinge Telje und Tadje blicken fasziniert, die beiden Jungen von Makler Hans-Rüdiger Jungius in Edelölzeug verschreckt zu ihnen hinüber.

Der Fredenbüller Imbisshund Susi läuft auf der Suche nach einem vegetarischen Happen im Zickzack durch die Zuschauerreihen. Ähnlich unruhig kämpft sich der kleine Italiener mit einem Regenschirm, der immer wieder umknickt, durch die dichtgedrängten Zuschauer.

»Bella Signora«, fragt er Happy Puttkammer, »ist denn bella Signora Inez gar nicht da?«

»Ja, wo ist denn unsere Inez überhaupt?«, wendet sich Happy an Hans-Rüdiger Jungius.

»Tja, wo is Inez? Der ist bestimmt das Wetter zu schlecht.«

Alle sind gekommen, nur Inez Schulz nicht, und auch Raik Rettmer scheint das Konzert zu schwänzen.

Thies Detlefsen steht am Kiosk an, um Nicole Stappenbek und seiner Heike einen Drink zu organisieren. Ein junges Mädchen, das in anderen Sphären schwebend aus einer wilden Mähne herauslächelt, pendelt ein Stück weiter ein Büschel Dünengräser aus. Eine nicht mehr ganz so junge Frau in einer nassen Bluse, durch die sogar Stevie Wonder durchgucken könnte, tanzt mit geschlossenen Augen wie in Trance.

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